"Die Lage ist ernst, aber der Ausblick ist dramatisch"
Der Städtetag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW haben erstmals unter allen 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen eine Umfrage zur kommunalen Finanzsituation gemacht. Die Ergebnisse präsentierte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, gemeinsam mit dem Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes NRW, Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt, vor der Landespressekonferenz in Düsseldorf. Thomas Eiskirch im Interview mit WDR 5 Westblick zur Umfrage und zur Situation der kommunalen Haushalte:
WDR5 Westblick: Was heißt das für so einen Kämmerer, wenn der morgens zur Arbeit geht, dass es den Haushalten der Kommunen schlecht geht?
Thomas Eiskirch: Viel wichtiger ist: Was heißt das für die Menschen in den Kommunen, wenn es dem städtischen Haushalt schlecht geht? Weil man sieht es natürlich in den Stadt-Infrastrukturen, man sieht es in den Brücken, in den Straßenzuständen, man sieht es in der Frage, hat die Kita so viel Personal, dass wenn mal einer Husten hat, trotzdem offen ist oder wird sofort geschlossen, wie teuer ist die Kita? Wir haben eine ganze Reihe von Herausforderungen. Die Schere läuft immer weiter auseinander zwischen den Einnahmen und den Ausgaben und wir müssen sie dringend schließen. Weil die Lage ist ernst, aber der Ausblick ist dramatisch, wenn man jetzt nichts tut. Und genau darüber müssen wir ins Gespräch kommen, dass wir in dieser Verantwortungsgemeinschaft von Land und Kommunen – die Kommunen sind Teil des Landes Nordrhein-Westfalen – Aufgaben und finanzielle Mittel wieder so austarieren, dass jeder seine Aufgabe auch gut lösen kann.
WDR5 Westblick: Der Städtetag hat gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund diese Umfrage initiiert. Gibt's da eigentlich noch regionale Unterschiede? Früher hat man ja immer gesagt, 'Ruhrgebiet ist Sorgenkind', ist das eigentlich noch so oder nur so?
Thomas Eiskirch: Wir haben das gar nicht nach Größenklassen oder ähnliches unterteilt. Wir haben es zum ersten Mal gemacht, das hat es noch nie gegeben. Es ist ein bisschen wie Geschäftsklimaindex, also wie geht's uns heute, welchen Blick habt ihr auf die Zukunft? Wir haben versucht, überhaupt erstmal ein Bild hinzubekommen, wie sieht es eigentlich aus? Und wir haben festgestellt, dass von den 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr schon nur noch 18 sagen, 'ja wir werden einen ausgeglichenen Haushalt hinkriegen', also Einnahmen und Ausgaben passen zueinander und alle anderen tun das nicht. 240 Kommunen sagen, die Ausgleichsrücklage – also das ist das Geld, was man in den letzten Jahren, wo es ganz gut gelaufen ist, auch als Überschüsse hatte und zur Seite gelegt hat sozusagen für schlechte Zeiten – wird in 240 der Kommunen in 2028 komplett aufgebraucht sein. Dann haben wir wieder einen Flächenbrand, den wir schon mal hatten, wo wir uns von wegentwickelt haben. Wir müssen jetzt gut aufpassen, dass wir nicht wieder in eine solche Situation kommen und jetzt gegensteuern.
Das vollständige Interview mit Thomas Eiskirch auf www1.wdr.de