Kommunalwahljahr 2025
04.01.2025

"Städte in NRW leben seit Jahren von der Substanz"

Thomas Eiskirch, Vorsitzender des Städtetages NRW, zu den kommunalpolitischen Herausforderungen im Wahljahr 2025 gegenüber der dpa.

"Das Kommunalwahljahr 2025 startet für die Städte in NRW mit großen Unsicherheiten, auch mit Blick auf die vorgezogenen Bundestagswahlen. Zum einen verschlechtert sich die finanzielle Lage der Städte dramatisch, die Aussichten sind düster. Zum anderen brauchen wir Planungssicherheit für zugesagte Fördermittel vom Bund, um wichtige Vorhaben und Projekte umzusetzen. Kommunales Handeln sichert Grundlagen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit ganz unmittelbar auch für den Erhalt der Demokratie.

Bezogen auf die Haushalte läuft die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander. Kaum eine Stadt wird 2025 noch einen ausgeglichenen Haushalt schaffen.

Denn fast überall, wo es noch Rücklagen aus besserer Zeit gab, sind sie bereits aufgebraucht oder werden es in Kürze sein.

Die zumeist noch laufenden Haushaltsberatungen vor Ort in vielen Stadträten zeigen ganz deutlich: Viele Städte sind gezwungen, rigoros den Rotstift anzusetzen. Das trifft auch die Bürgerinnen und Bürger. Wenn nicht in die neue Kita oder den E-Bus investiert werden kann oder die Sanierung von Schulen und Straßen weiter verschoben werden muss, hat das direkten Einfluss auf die Lebensqualität vor Ort. Die Städte in NRW leben seit Jahren von der Substanz. Um das zu ändern, muss das Land die Zuweisungen im Gemeindefinanzausgleich erhöhen und den Verbundsatz endlich wieder anheben, im ersten Schritt von jetzt 23 Prozent auf zunächst 25 Prozent.

2025 muss auch endlich der Einstieg in den Ausstieg für die kommunalen Altschulden in NRW werden.

Eine Altschuldenlösung, an der sich der Bund beteiligt, wäre für die NRW-Städte unerlässlich. Das Land NRW hat dafür seine Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro im Haushalt für das kommende Jahr festgeschrieben. Jetzt soll auch noch ein Gesetzentwurf für die nötige Grundgesetzänderung von der amtierenden Bundesregierung in den Bundestag eingebracht werden. Deswegen appellieren wir an alle Beteiligten im Bund, sich für die nötige Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat einzusetzen. Hier ist auch die NRW-Landesregierung gefragt, für die gemeinsame Altschuldenlösung mit dem Bund vor allem bei CDU und CSU zu werben.

Für uns ist weiter klar: Falls die Bundeslösung vor der Neuwahl nicht mehr zustande kommt, muss die Landeslösung greifen. Denn die Landesregierung hat angekündigt, sich an den Koalitionsvertrag zu halten und eine Altschuldenhilfe zur Not auch ohne Bundesbeteiligung umzusetzen. Darauf vertrauen wir.

In Zusammenhang mit zugesagten Fördermitteln vom Bund ist die Lage gerade beim Ausbau der Wärmenetze und der Sanierung öffentlicher Gebäude kritisch. Hier müssen die Städte und ihre Stadtwerke sehr viel Geld in die Hand nehmen. Der Ausfall von Fördermitteln und die Ungewissheit, wie es weitergeht, bremsen die Wärmewende vor Ort.

Wir brauchen deshalb von allen Parteien im Bundestag das glasklare Bekenntnis, dass sich die Städte auch nach der Neuwahl auf zugesagte Fördermittel und die Finanzzusagen des Bundes verlassen können – ganz gleich wer die neue Bundesregierung stellt.

Vor Ort in den Städten müssen sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen können, dass Politik handlungsfähig bleibt und Zukunft gestalten kann.

Mit Unverständnis blicken wir auch auf die geplanten Kürzungen des Landes und des Bundes im Bereich Integration.

Wir können nicht auf der einen Seite von Zugewanderten schnelle Integration einfordern und gleichzeitig kürzen Bund und Land die Integrationskurse ein.

Die Zahl der Kursteilnehmer wird auch im kommenden Jahr etwa gleichbleiben, viele Geflüchtete sind zur Teilnahme verpflichtet. Für Sprachvermittlung, Kultur und die Arbeitsmarktintegration ist das wichtig. Wie die Träger der Kurse, darunter viele kommunale Träger und Volkshochschulen, das mit der Hälfte der Mittel stemmen sollen, ist uns schleierhaft. Wir fordern den Bund und das Land NRW auf, die geplanten Kürzungen im Bereich Integration in den jeweiligen Haushalten für 2025 zurückzunehmen."

Zum Beitrag der Deutschen Presse-Agentur mit den Aussagen von Thomas Eiskirch auf  www.zeit.de