"Mehr Beinfreiheit für Zukunftsinvestitionen in Städten"
Die Städte in NRW wollen in der neuen Wahlperiode des Landtags die Zukunft des Landes aktiv mitgestalten und dazu beitragen, die aktuellen Krisen zu meistern. Sie drängen gegenüber Bund und Land bei Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Verkehrs- und Energiewende auf mehr Gestaltungsfreiheit vor Ort, um Neues zu erproben. Sie fordern das Land auf, die Städte finanziell besser auszustatten, damit sie mehr investieren können. Und sie wollen, dass das Land das Altschuldenproblem endlich anpackt und einen erheblichen Landesbeitrag dafür fest im Koalitionsvertrag verankert. Das machte der neu gewählte Vorsitzende des Städtetages NRW, der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen, bei der Mitgliederversammlung des Verbandes in Essen deutlich. Das wichtigste Treffen der kommunalen Familie mit rund 500 Delegierten und Gästen steht unter dem Motto "Lebenswertes Zuhause. Die Städte in NRW."
Die Zukunft werde in den Städten gemacht, betonte Kufen: "Und unsere Vision, die Städte lebenswert, klimagerecht und sozial zu gestalten, gewinnt kraftvoll an Fahrt, steht aber zugleich unter großem Druck.
Die Folgen des Ukraine-Krieges, offene Energiefragen, steigende Kosten und Lieferengpässe verunsichern und werfen Planungen über den Haufen. Aber auch in der Krise wollen die Städte gestalten. Am besten können wir gestalten, wenn wir ausprobieren können – wo wird wie gebaut, woher kommt die grüne Wärme für das Wohnzimmer, wie schnell darf man in der Stadt fahren. Bund und Land müssen den Städten erlauben, neue Wege zu gehen.
Was vor Ort umgesetzt werden kann, können die Städte am besten selbst entscheiden. Das gilt auch für neue Ideen im Klimaschutz, die digitale Stadt von Morgen, ein neues Gesicht der Innenstädte." Dafür müsse die neue Landesregierung den Städten mehr Beinfreiheit geben, auf Augenhöhe mit ihnen zusammenarbeiten und sie finanziell besser ausstatten.
Landesregierung muss Altschuldenfrage lösen und Investitionen ermöglichen
Die Städte in NRW könnten aber nur gestalten, wenn sie finanziellen Rückhalt hätten, machte Kufen deutlich: "Die Altschuldenfrage muss endlich gelöst werden. Es geht um 21 Milliarden Euro für NRW. Hier muss die zukünftige Landesregierung erhebliche eigene Mittel einsetzen. Das gehört aus Sicht der Städte unbedingt in den Koalitionsvertrag." Das Zeitfenster sei denkbar knapp, die Zinsen steigen und damit auch das Risiko für die kommunalen Haushalte.
Die Städte müssen investieren können, um lebenswert und modern zu sein. "Investieren in Klimaschutz, Energiewende, Digitalisierung, nachhaltige Mobilität und grüne Oasen – kurz ein lebenswertes Zuhause. Das klappt nur, wenn das finanzielle Fundament stimmt. Wir haben zu lange von der Substanz gelebt. Mindestens 30 Milliarden Euro beträgt der Nachholbedarf an Investitionen in den NRW-Städten." Konkret forderte Kufen, den Verbundsatz zu erhöhen – also den Anteil, den das Land von seinem Steueraufkommen in den kommunalen Finanzausgleich einbringt. Dabei müssten die besonderen Belastungen der Städte für Daseinsvorsorge und soziale Hilfen besser berücksichtigt werden.
Neues Kinderbildungsgesetz nötig
Der neu gewählte stellvertretende Vorsitzende, der Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, forderte die neue Landesregierung auf, das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) dringend zu modernisieren. "Gute Bildung beginnt mit dem Start bei den Jüngsten. Hier brauchen wir Chancengerechtigkeit von Anfang an, egal in welcher Stadt die Familien wohnen. Der Bildungsauftrag für die Kitas ist enorm gewachsen und gesellschaftlich gewollt. Deshalb muss das Land auch größere Verantwortung übernehmen und seinen Finanzierungsanteil anheben. Die pädagogischen Fachkräfte müssen ihre Zeit den Kindern widmen können und von anderen Aufgaben entlastet werden. Dafür sollten Verwaltungs- und Betreuungshelferinnen und -helfer vom Land refinanziert werden." Eiskirch nannte als Anforderungen an ein neues Kinderbildungsgesetz:
- den Landesanteil bei der Kindertagesbetreuung erhöhen und die Trägeranteile für Kindergärten abschaffen
- Inklusion als gelebte Praxis etablieren
- Investitions- und Mietförderung des Landes für Kitas anpassen
- Fachkräfteoffensive, um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung sicherzustellen und Kinder gut fördern zu können.
Klimaschutz umsetzen – "Städte als lokale Weltverbesserer"
Klimaschutz und was dafür nötig sei, fordere die Gesellschaft und die Städte heraus, machte der Geschäftsführer des Städtetages NRW, Helmut Dedy, deutlich. Manches werde auch schmerzhaft sein. Planungen beschleunigen sage sich leicht, aber alle – Städte, Naturschutz und Landwirtschaft – werden sich bewegen müssen, genau wie Bund und Land.
"Der Bund kann nur den Rahmen des Bildes gestalten. Das Bild selbst zu malen, das ist Aufgabe des Landes und vor allem der Städte. Städte können Wandel. Wir haben es in der Hand. Vieles können nur wir vor Ort verwirklichen. Lassen Sie uns lokale Weltverbesserer sein."