Kommunaler Finanzausgleich
21.12.2022

Städtetag NRW klagt wegen Finanzgesetz gegen Land NRW

Ein Bericht der Deutschen Presse-Agentur mit Aussagen von Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW

Acht kreisfreie Städte aus Nordrhein-Westfalen haben beim Verfassungsgerichtshof des Landes Verfassungsbeschwerde eingelegt. Unterstützt wird die Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) für das Jahr 2022 vom Städtetag NRW.

Bonn, Bottrop, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Münster, Solingen und Wuppertal klagen stellvertretend für alle kreisfreien Städte in NRW wegen einer Ungleichbehandlung im kommunalen Finanzausgleich des Landes. Den Eingang der Klage bestätigte am Dienstag ein Gerichtssprecher. Wann die Beschwerde verhandelt wird, ist noch offen.

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zum Grund der Verfassungsbeschwerde:

"Die Städte wehren sich dagegen, dass das Land sie bei der Verteilung von Landesmitteln benachteiligt. Das Land tut so, als ob diese Städte aus freien Stücken höhere Hebesätze für die Gewerbe- und Grundsteuer festlegen können, nur weil sie kreisfrei sind. Das hat zur Folge, dass ihnen mehr eigene Steuereinnahmen zugerechnet werden als dem ländlichen Raum."

Die Kläger erhalten dadurch weniger Schlüsselzuweisungen und müssten mehr Landschaftsumlage zahlen, sagte Dedy weiter. Das sei nicht akzeptabel, zumal das Land bei der Verteilung den Bedarf und die hohe oder geringe Steuerkraft berücksichtigen müsse.

Laut NRW-Städtetag hat der Gesetzgeber mit dem GFG 2022 bei der Ermittlung der Steuerkraft erstmals zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Gemeinden unterschieden, obwohl die Schlüsselzuweisungen einheitlich bestimmt werden. Das führe laut Städtetag zu einer Umverteilung von 110 Millionen Euro von den Kreisfreien Städten hin zu den kreisangehörigen Kommunen. Es sei zwar richtig, dass die kreisfreien Städte im Schnitt höhere Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer nehmen als kreisangehörige Gemeinden. Die Städte seien aber durch steigende Ausgaben dazu gezwungen worden. Verschuldete Kommunen seien von der Kommunalaufsicht angehalten worden, die Hebesätze zu erhöhen, argumentiert der Städtetag.

Mit freundlicher Genehmigung der dpa, Deutsche Presse-Agentur, Hamburg, www.dpa.com

Die vollständigen Aussagen von Städtetags-Geschäftsführer Helmut Dedy:

"Die Städte wehren sich dagegen, dass das Land sie bei der Verteilung von Landesmitteln benachteiligt. Das Land tut so, als ob diese Städte aus freien Stücken höhere Hebesätze für die Gewerbe- und Grundsteuer festlegen können, nur weil sie kreisfrei sind. Das hat zur Folge, dass ihnen mehr eigene Steuereinnahmen zugerechnet werden als dem ländlichen Raum. Sie erhalten dadurch weniger Schlüsselzuweisungen und müssen mehr Landschaftsumlage zahlen. Das ist nicht akzeptabel. Dies zeigt auch die Expertise des von den klageführenden Städten beauftragten Finanzwissenschaftlers Prof. Dr. Thiess Büttner.

Es ist richtig, dass kreisfreie Städte im Durchschnitt höhere Hebesätze bei den Grundsteuern und der Gewerbesteuer nehmen als kreisangehörige Gemeinden. Dies liegt aber daran, dass die Städte in den vergangenen Jahren zu diesem Schritt gezwungen waren, um ihre steigenden Ausgaben überhaupt decken zu können. Besonders verschuldete Kommunen wurden sogar von der Kommunalaufsicht angehalten, ihre Hebesätze zu erhöhen. Nun unterstellt ihnen das Land ein besseres 'Steuerhebungspotenzial' und sie sollen deshalb weniger Mittel aus dem Landestopf erhalten.

Insbesondere bei der Grundsteuer B zeigt es sich deutlich: Städte mit besonderen Konsolidierungspflichten müssen aufgrund ihrer Haushaltsnotlage um bis zu 100 Prozentpunkte höhere Hebesätze veranschlagen. Die Kreisfreiheit hat dagegen keinen Einfluss auf die Höhe der Hebesätze.

Das Land hat dadurch die vom Verfassungsgerichtshof NRW gesetzten Maßstäbe für den kommunalen Finanzausgleich verletzt: Es hat nicht ausreichend geprüft, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Kreisfreiheit und der Höhe der Hebesätze besteht. Es hat übersehen, dass die Höhe der Hebesätze auf den erheblichen Konsolidierungsdruck in den Städten zurückzuführen ist. Und darüber hinaus hat es ignoriert, dass selbst der Gutachter des Landes einen höheren Bedarf der kreisfreien Städte erkannt und auf 200 Millionen Euro bemessen hat.

Zum Hintergrund:

Die Schlüsselzuweisungen sollen die Grundfinanzierung der Städte sichern. Ein Teil der Steuereinnahmen des Landes werden an die Städte weitergeleitet. Bei der Verteilung ist die Landesregierung aber nicht frei. Die Verteilung muss die unterschiedlichen Bedarfe und die unterschiedliche Steuerkraft der Städte berücksichtigen. Das bedeutet: Eine Stadt, die hohe Bedarfe oder eine geringe eigene Steuerkraft hat, bekommt mehr Mittel als Städte mit weniger Bedarfen und einer eigenen großen Steuerkraft.

Mit dem GFG 2022 hat der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Steuerkraft erstmalig zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden differenziert, obwohl die Schlüsselzuweisungen einheitlich bestimmt werden. Im Ergebnis führt das zu einer Umverteilung mit einem Volumen von 110 Millionen Euro vom kreisfreien in den kreisangehörigen Raum. Hinzu kommt noch eine Erhöhung der Landschaftsumlage, die sich auf insgesamt rund 10 Millionen Euro beläuft.