Einigung bei Flüchtlingsfinanzierung
21.12.2020

Städte erhalten besseren Ausgleich für Geduldete

Pauschalen für Flüchtlinge im Asylverfahren werden erhöht, aber zu wenig differenziert

Ausgaben der NRW-Städte für die Unterbringung und Versorgung geduldeter Flüchtlinge werden vom Land künftig für längere Zeit als bisher übernommen. Außerdem wird die jährliche Pauschale erhöht, welche die Kommunen vom Land für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen im normalen Asylverfahren erhalten.

Das sind zwei Ergebnisse der aktuellen Einigung zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden bei der Flüchtlingsfinanzierung, die nach jahrelangem Streit erzielt wurde.

Der Vorsitzende des Städtetages Nordrhein-Westfalen, der Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen, sagt dazu:

"Das Land hat sich auf die Kommunen zubewegt. Das erkennen wir an. Zwar werden einige wichtige Forderungen der Städte nicht erfüllt. Das ist bedauerlich. Wir haben dem Vorschlag aber zugestimmt, damit es endlich gelingt, die Flüchtlingsfinanzierung neu zu regeln. Wir haben jetzt lange genug über dieses streitige Thema verhandelt. Die fairste Lösung wäre eine 100-prozentige Spitzabrechnung gewesen. Denn der Zuzug und die ausländerrechtlichen Bestimmungen werden von Bund und Ländern geregelt. Es ist aber gut, diese jahrelangen Verhandlungen endlich beendet zu haben. Es darf nicht der Eindruck entstehen, Flüchtlinge kosteten nur Geld. Es handelt sich zu einem großen Teil um Menschen in Not, die sich hier integrieren möchten. Dabei wollen die Städte in NRW den Menschen mit Bleibeperspektive helfen."

Für Aufwendungen für langjährig Geduldete und auch wegen der Belastungen der Kommunen in den zurückliegenden Jahren stellt das Land in den Jahren 2021 bis 2024 insgesamt 550 Millionen Euro zur Verfügung. Damit wird auf einen Teil der Forderungen der Städte eingegangen. Die finanziellen Lasten der Kommunen vor allem für die Vergangenheit werden allerdings nicht vollständig ausgeglichen.

Die Vereinbarung mit dem Land habe Licht und Schatten, so der Städtetagsvorsitzende Pit Clausen:

"Positiv bewerten wir die neue einmalige Pauschale von 12.000 Euro, die das Land für neu hinzukommende geduldete Flüchtlinge bereitstellen wird. Das hilft den Städten, die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen zumindest für etwa ein Jahr erstattet zu bekommen. Bislang gab es für diese Leistung vom Land nur für drei Monate einen Ausgleich. Sehr bedauerlich finden wir dagegen, dass die Landesregierung starr an ihrem Vorschlag festhält, nur mit zwei unterschiedlich hohen Pauschalen die Kosten für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen zu erstatten, die sich im Asylverfahren befinden. Dadurch wird nur grob zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Städten unterschieden. Es lag ein von Städtetag NRW und Städte- und Gemeindebund NRW ausgearbeitetes Alternativkonzept vor, das bei den Wohnkosten feiner zwischen den Kommunen differenziert. Das hätte die tatsächliche Belastung der Städte besser abgebildet und hätte rechtssicher umgesetzt werden können."

Für künftige Fragen der Finanzverteilung, insbesondere bei einer künftigen erneuten Reform der Flüchtlingsfinanzierung, so Clausen, wollen die Städte die vom Land vorgesehene grobe Differenzierung zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Städten nicht mehr akzeptieren.

Für Personen, die sich im Asylverfahren befinden, sieht die Einigung eine neu angepasste Pauschale vor. Diese beträgt für kreisfreie Städte jährlich 13.500 Euro und für kreisangehörige Städte 10.500 Euro je Flüchtling. Bisher liegt die Pauschale seit 2016 überall bei rund 10.400 Euro.

Geduldeten, die integriert sind, Perspektiven in Deutschland geben

2023 soll nach der Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden evaluiert werden, wieviel Menschen sich als so genannte Geduldete in NRW aufhalten und welche Aufwendungen die Städte für diese Menschen haben, so Clausen. "Sollte sich zeigen, dass sich die Geduldeten erheblich länger als ein Jahr in den Städten aufhalten, gehen wir davon aus, dass die jetzt festgelegte einmalige Pauschale von 12.000 Euro für neue Geduldete angepasst wird, um die tatsächliche Dauer des Aufenthalts abzudecken."

Die zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden verabredete "Vereinbarung zur Migrationspolitik und Neuregelung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes in Nordrhein-Westfalen" befasst sich auch mit dem Bleiberecht. "Land und Städte streben gemeinsam an, geduldeten Menschen, die integriert sind und seit Jahren in unserer Gesellschaft leben, Perspektiven in Deutschland zu geben. Die Städte begrüßen, dass sich das Land an 200 Stellenanteilen der kommunalen Ausländer- und Einbürgerungsbehörden beteiligen möchte. Die Städte wollen die ihnen eingeräumten Handlungsspielräume bei den Bleiberechtsregelungen zugunsten von integrierten Geduldeten nutzen", so Clausen.

Die Städte halten auch das Ziel des Landes für wünschenswert, die Zahl der langjährig Geduldeten langfristig zu halbieren. Allerdings schätzen sie dieses Ziel als nicht realistisch ein. Nach den kommunalen Erfahrungen erfüllen viele langjährig Geduldete nicht selbstverständlich die für ein Bleiberecht gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen.

Für Fälle, in denen es um Rückführungen von Menschen in ihre Heimatländer geht, bekräftigen die Städte ihre schon länger bestehende Forderung, dass das Land Abschiebungen zentral organisiert. "Nur wenn das Land da deutlich mehr Verantwortung übernimmt, kann der einheitliche und effektive Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen sichergestellt werden. Nur dann können die Rückführungszahlen signifikant gesteigert werden", betont Clausen. Außerdem dürften Asylbewerber ohne Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen verteilt werden.